Sehr geehrter Herr Bundeskanzler,
Ihre Türkeireise fällt in eine historische Zeit. Jüngst hat die Freiheitsbewegung Kurdistans den Rückzug ihrer bewaffneten Einheiten aus den Grenzen der Türkei verkündet und damit nach dem historischen Aufruf von Abdullah Öcalan im Februar und die Auflösung der PKK im Mai einen zentralen Meilenstein gesetzt.
Nutzen Sie diese Reise bitte als Momentum, den begonnenen Dialogprozess zu unterstützen und damit die Transformation in einen nachhaltigen Friedensprozess zu fördern.
Dazu gehört entsprechend dem Beschluss des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und der Entscheidung des Ministerkomitees des Europarates die Umsetzung des Rechtsprinzips Hoffnung, auch und vor allem in Bezug auf Abdullah Öcalan als Schlüsselfigur dieses Prozesses. In diesem Kontext sei auch an die ehemaligen Co-Vorsitzenden der HDP Figen Yüksekdağ und Selahattin Demirtaş sowie den Kulturanthropologen Osman Kavala und die tausenden politischen Gefangenen, unter Ihnen zahlreiche Bürgermeister der HDP und CHP zu erinnern.
Gerade im Kontext von Migration, eines ihrer wesentlichen Gesprächsthemen, ist eine politische Lösung der kurdischen Frage unverzichtbar. Denn diese hat Implikationen auf die Demokratisierung der gesamten Region, die im Hinblick auf Fluchtbewegungen führend ist. Es ist wichtig, der Türkei klar zu vermitteln, dass grenzüberschreitende militärische Aktivitäten kontraproduktiv und inakzeptabel sind. Gerade in Syrien gefährden diese den Kampf gegen den wieder erstarkenden Jihadismus, dessen globale Gefahren wir leider zu oft spüren mussten. Somit ist dies im Kontext internationaler Sicherheit, ein weiteres führendes Thema Ihrer Reise, relevant.
Vor dem Hintergrund, dass Kurd:innen und Türk:innen die größten Migrationscommunities hierzulande bilden, ist ein Support des begonnenen Dialogs auch innenpolitisch von hoher Relevanz.
Es ist an der Zeit, ein neues Kapitel türkisch – kurdischer Beziehungen zu unterstützen und so auch die deutsch – türkischen und deutsch – kurdischen Beziehungen neu zu gestalten.
Emine Ruken Akca & Kerem Gök, Co-Vorsitzende KON-MED
KON-MED Konföderation der Gemeinschaften Kurdistans in Deutschland e.V.